"Gedicht-Schatztruhe"

Gedichte - alphabetisch nach Stichworten sortiert

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Literarische Ernte aus Bad Tölz

27.2. - 5.3.2014

Tapetenwechsel

Wer endlich wieder reist und fährt,
holt nach, was er zu lang entbehrt:
befreite Sicht auf neues Land,
das er vor seinem Auge fand.
Weit hinter ihm liegt, was ihn drückt,
was ihm zuvor nicht mehr geglückt :
gelassen über dem zu steh' n,
was wir als Ruf an uns versteh' n.

Blickrichtungen

Am Himmel wechseln Wolkenberge
mit blauen Seen. Eine Stärke
liegt darin, stets den Blick zu richten
auf hoffnungsvoll getönte Sichten.
Die Einen starren nur auf' s Graue,
die Andern tauchen ein ins Blaue.
Es kommt drauf an in allen Sachen,
was wir aus Perspektiven machen.

Unbeschwerter Ferientag

Wir genießen jene Stunden,
nicht an eine Uhr gebunden,
halten inne immer wieder,
lassen uns auf Bänken nieder.
Wir betreten stille Räume,
sammeln Bilder für die Träume,
die im Nachhinein dem Leben
im Erinnern Tiefe geben.

Närrische Reden

die Wahrheit ungeschminkt zu sagen.
Erkühnt er sich bis zum Bizarren,
hört sie das Ohr als "Wort des Narren".
So wahr auch viele Worte seien
– sie wirken nur als "Narreteien".
Aus diesem Grund – mangels Gewichts –
verändern sie so gut wie nichts.

Unendliche Begegnung

– mit Hermann Hesse –

Ich wage es nicht, mich "versiert" zu nennen,
dich mit allen Fasern nun zu kennen.
So viel ich über dich, dein Wirken lese
und daran immer wieder neu genese
– so oft eröffnen sich mir neue Türen,
die mich in Räume deiner Weisheit führen.
Unendlich wird Begegnung so mit dir.
Sie führt mich letztlich auch zurück zu mir.

Lese-Wert

– vor einem Hesse-Buch –

So manches Buch hat Lese-Wert,
den man im Lesen erst erfährt,
wenn man es zwar zuerst verschlingt,
doch hernach mit dem Inhalt ringt,
indem man es erneut durchstreift,
wobei man vieles erst begreift,
wenn man vor dem Erkennen steht,
was uns an Wahrheit nahegeht.
Der dieses schrieb, wird uns zum Freund.
Wir fühlen uns mit ihm vereint.

Gefasst ins Alter

Gefasst geh' n wir mit innerer Ruh'
auf jede Altersstufe zu.
Wir nehmen an, was sie uns bringt
und hoffen nur, dass es gelingt,
ihr zu entnehmen, was sie schenkt.
Das Ziel, zu dem sie weise lenkt,
erkennt nur der, der sich nicht wehrt
und dankbar schätzt, was sie beschert.

Gebirgskette im Schnee

Gebirg, gleißend im Sonnenlicht
– ein Zauberbild. Die Seele spricht
gebannt auf dieses Wunder an,
von dem sie kaum mehr scheiden kann.
Im Innern trägt sie dieses Bild,
das sie mit Frieden tief erfüllt,
mit sich zurück, hinab ins Tal.
Erinnernd kehrt sie noch einmal
in trüben Tagen still zurück
an solche Orte voller Glück.

Letzte Tagesstunde

Die letzte Stunde eines Tages,
die gilt dir. Hab Mut und wag' es,
sie mit dir selber zuzubringen.
Dann wird es dir auch recht gelingen,
deinen Weg bewusst zu gehen
und tags danach zu dem zu stehen,
worin du fest verankert bist :
dem, was dir hoch und heilig ist.

Neu-Orientierung

Nach solch alltags-fernen Tagen
sind wir oft nicht mehr die Gleichen.
In uns keimen stille Fragen.
Die ergeben sich aus Weichen,
die wir neu und anders stellen:
Wohin soll es weitergehen ?
Wo ist unser Ziel zu sehen ?
Langsam wächst in solchen Fällen
uns der Mut, neu zu gewichten
dank ins uns gereifter Sichten,
was nun zählt als Wink der Zeit,
der uns zu uns selbst befreit.

Dichterische Unruhe

Einem Dichter können Welten
seines Schreibens soo viel gelten,
ihn mit Haut und Haar erfassen,
dass sie ihn nicht schlafen lassen,
bis Gedanken Ausdruck finden,
die ihn an die Feder binden.
Sind die zu Papier gebracht,
sinkt beruhigt er zur Nacht
in den Schlaf. In manchem Traum
findet Schreiben neuen Raum.

Texte des Scheidens

Bleibendes

Auch die schönsten Tage enden.
Dankbar halten wir in Händen
Bilder zauberhafter Stunden.
Begegnung, zu der wir gefunden,
wird uns vorerst nunmehr fehlen.
Die Erinnerung kann beseelen,
dass wir – was wir weit entfernt auch treiben –
doch einander tief verbunden bleiben.

Vor dem Abschied

Solange wir uns nahe wissen
und noch nicht – getrennt – vermissen,
wollen wir den Augenblick
als Juwel in tiefem Glück
halten, nicht aus Händen geben
– uns bewusst, wovon wir leben.
Wird ein Abschied einst zur Last
– wir begegnen ihm gefasst.

Vorerst endgültig

– bewusster Widerspruch –

Wenn wir nun endgültig gehen,
uns vermehrt von ferne sehen,
bleibt ein Schatz in unseren Herzen:
dass wir es nur schwer verschmerzen,
uns nach solcher Zeit zu trennen.
Hoffnung –die wir schon erkennen
und im Innern wohlig spüren –
wird uns erneut zusammenführen.