"Gedicht-Schatztruhe"
Gedichte - alphabetisch nach Stichworten sortiert
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Literarische Ernte aus Gaienhofen, September 2010
Erweckung
Eines Tags wird neu geweckt,
was längst in dir schlummernd steckt,
und es wird dir neu bewusst,
wie du künftig leben musst.
Licht-Blick
Ist es draußen noch so trist
– wenn i n d i r ein Leuchten ist
und das Graue lichtet sich,
das vor deinem Leuchten wich,
strahlen Augen in die Welt,
was sie noch am Leben hält.
Prüfung
Regen, Nebel schließt uns ein,
zwingt uns, bei uns selbst zu sein.
Halten wir dies tapfer aus,
wird der Schritt zum Haus hinaus
bei erneutem Sonnenschein
für uns wie Befreiung sein.
Wirkung des Weines
Wein, der falschen Ehrgeiz zügelt,
umso mehr den Geist beflügelt,
zeugt uns mutige Gedanken,
überwindet alle Schranken,
die durch Konventionen lähmen
und versuchen, uns zu zähmen.
Erzwungene Einsicht
Erst wenn mal die Technik streikt,
sind wir wieder mehr geneigt,
auch der Muse Raum zu geben
– von der wir doch letztlich leben.
Heilsamer Tapetenwechsel
Mancher Wechsel der Tapeten
löst uns davon, dass wir jeden
Tag mit Mustern ausgestalten,
die nicht mehr in Atem halten.
Wenn du kannst, den Stillstand ahnen,
dann verlass' gewohnte Bahnen,
kehrst danach dann voller Glück
in Tapeten gern zurück,
die dann plötzlich gar in deinen
eigenen Wänden neu erscheinen.
Neue Blütezeit
Ich spür': Wenn ich auf Reisen geh'
Ins Paradies am Bodensee,
dass dann die Feder wieder fließt
und der Gedanken Flor neu sprießt.
Was lange Zeit verschüttet schien,
quillt neu hervor, schreibt sich leicht hin.
Dabei hat dem, der dies erdacht,
erst langes Reifen dies erbracht.
Bemessene Zeit
Ewig brandet der Wellengang
an das Ufer – ein Leben lang.
Unsere Woge – die verebbt,
haben wir jene Frist gelebt,
die uns die Uhr der Zeit bemisst,
was als Bewährung uns Aufgab' ist.
Schilf im Wind
Schilf im Wind kann uns nur lehren,
sich nicht gegen ihn zu wehren
im Bewusstsein eigener Schwächen.
Statt am Wind – starr – zu zerbrechen,
will es sacht sich in ihm wiegen,
kann – dank Klugheit – ihn besiegen.
Augenblickliches Genießen
Genieße einen jeden Augenblick.
Er kehrt meist nicht so schnell zurück.
Nimm alle Bilder in dich auf.
Einst – fern von ihm – freu' dich darauf,
im Innern sie erneut zu seh'n,
gebannt vor ihnen stillzusteh'n.
Zauberbild
See und Wolken, Wasser, Wind
– die von ihrem Wesen sind,
wahren in sich deren Bild,
das im Staunen sie erfüllt.
Wogender See
Wogt auch der See noch so im Wind,
wenn Zeiten wild und stürmisch sind
– im Tiefen ruht er d o c h in sich
und zeigt sich unerschütterlich.
Traumtage
Wie im Traum verfliegen Tage,
in denen wir ganz wir selber sind,
Dass uns dies im Leben trage,
wird zum Wunsch, der Raum gewinnt.
Es bedarf des Muts, zu leben,
was uns hoch uns heilig ist.
Wer d e m höchsten Wert gegeben,
will, dass er dies nie vergisst.´
Was zurückbleibt
An den Orten voller Glück
bleiben Freunde nur zurück
– dort, wo wir in Hoffnung geh'n,
dass wir uns bald wiederseh'n.