"Gedicht-Schatztruhe"

Gedichte - alphabetisch nach Stichworten sortiert

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Literarische Ernte aus Gaienhofen
Hermann-Hesse-Tage 2012

20.-23.9.2012

Bewegende Erfahrung

Es ist bewegend, zu erfahren,
wie große Menschen schon vor Jahren
am Alltag auch ganz elend litten
und trotzdem für sich selbst inmitten
der Turbulenzen Wege wählten,
die ihre Schaffenskräfte stählten.
Ging auch manches dabei in Scherben
–die Zuversicht wird niemals sterben,
dass einst an unseres Lebens Ende
das Ergebnis sich zum Guten wende
sodass wir Wege, die wir gehen
letztlich mit uns im Einklang sehen.

Exot auf Reisen

Auf Reisen im Zug,
genieße ich
den Ausblick in die Lande,
die an mir vorüberziehen.

Ich kommuniziere nicht
drahtlos mit allen möglichen Leuten
wenn ich ihnen im Grunde
nichts oder nur Belangloses
zu sagen habe.

Ich weiß,
ich bin ein Exot
und komme dennoch,
erfüllt mit Bildern,
an meinem Ziel an.

Lebendige Vergangenheit

Geschichten, die schon längst vergangen,
vermögen uns neu einzufangen,
kann ihr Verlauf uns tief bewegen,
um uns mitfühlend anzuregen,
Beteiligte gut zu verstehen
und die Motive einzusehen,
aus denen Denken, Handeln flossen
und konsequent die Folgen sprossen,
die sie dank ihrer Geistesgaben
gelassen zu ertragen haben.

In uns wächst leise Dankbarkeit,
dass uns die Zeit hiervon befreit.

Am Ufer

Ich weile am See,
schlage mit dem Auge
eine Brücke zum anderen Ufer.

Verheißungsvoll lockt es
zur Überfahrt.

Während ich weiterziehe,
schlagen die Wellen
unaufhörlich
in gleichbleibendem Rhythmus
wogend an den Strand.

Irgendwann
werde ich den Mut fassen,
die Überfahrt wagen
ohne Wiederkehr.

Nach Möwenart

Die Möwe wiegt sich kühn im Wind
dank Schwingen, die getragen sind
von dessen sanftem Widerstand.
Ihr Flug steigt über See und Land.

Die Möwe wiegt sich – gar nicht bang –
galant auch auf dem Wellengang,
gestaltet die Bewegung mit
als kapriziösen Wellenritt.

Sie schnappt auf ihrem Höhenflug
die Brocken flink in einem Zug,
wenn sie ihr zugeworfen sind
und wiegt sich wieder auf dem Wind.

Zielsicher folgt sie dem Instinkt,
dank dem ihr Selbsterhaltung winkt.

Regen überm See

Ein Regenschleier überm See
fällt wie ein Vorhang aus der Höh'.
Was erst scheinbar so greifbar war,
rückt in die Ferne – unnahbar.
An beiden Ufern webt die Zeit
ein graues Tuch aus Einsamkeit.

Ausstrahlung

Wenn in uns Glück an Raum gewinnt,
weil wir ganz bei uns selber sind,
strahlt dieses auch auf andere aus
und führt sie auf den Weg nach Haus

Zu den Sternen

Der Weg empor, hin zu den Sternen
– den muss du aus dir selber lernen.
Kein anderer kann doch dorthin weisen,
dir hoffnungsvoll Erfolg verheißen.
Den letzten Schritt zu deinem Glück
– den legst du ganz allein zurück.

Liebgewonnene Orte

An lieb gewonnene Orte
kehren wir immer wieder
gerne zurück.
Wir gehen immer neu
dieselben Wege,
die wir schon unzählige Male
gegangen sind.
Ein Abnutzungseffekt
oder gar Langeweile
spielen hierbei
überhaupt keine Rolle.

Wir zehren
im nachhinein
von den Eindrücken,
die wir an solchen Orten
– wieder einmal –
gewonnen haben.

See im Morgenlicht

Der See erglänzt im Morgenlicht,
das durch die Wolkenbänke bricht.
Ist auch die Sonne noch verdeckt
– in breiten Glitzerbahnen steckt
die Zuversicht, dass dieser Tag
doch hoffnungsvoll verlaufen mag.
Wer Augen hat, entnimmt beflügelt
dem Licht, das sich im Wasser spiegelt,
die Kraft, die solche Tage prägt,
und uns durch trübe Stunden trägt.

Einstweiliger Abschied

Wir scheiden ungern von den Landen,
in denen wir uns selber fanden.
Wenn wir im Augenblick auch scheiden
– wir bleiben uns für alle Zeiten
in unserem Inneren selber treu,
erobern dieses Land stets neu,
wo wir auch immer uns befinden.
So können wir in allen Winden
auf eigenem Boden Wurzeln schlagen,
auf dem wir reichlich Früchte tragen.