"Gedicht-Schatztruhe"

Gedichte - alphabetisch nach Stichworten sortiert

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Literarische Ernte

über eine gesundheitlich bedingte Auszeit

vom 9. - 21.10.2014

im Klinikum Offenburg

In deiner Hand

Du kannst nicht
alle Unvernünftigen
zur Vernunft bringen
und die ganze Welt umkrempeln.
In deiner Hand liegt es nur,
ein Beispiel zu geben
und das zu leben,
was   d u   für richtig hältst.

Funktionen

Wenn du immer funktionierst,
fällt es erst auf,
dass du funktionierst,
wenn du einmal ausfällst.

Habe den Mut,
manche Termine
ausfallen zu lassen.

Dann erst
wird es wieder geschätzt,
wenn du wieder
an ihnen teilnimmst.

Ausgebremst

Ausgebremst wirst du
mit vielen deiner Vorhaben
durch einen Zusammenbruch.
Du wirst danach
nur das wieder aufnehmen,
was dir als sinnvoll erscheint,
und alles ruhen lassen,
was dich nicht innerlich
weiterzubringen vermag.

Ewiges Warten

Wir warten auf das Sonnenlicht,
dass es über Hügel bricht.
Wir warten, wenn's am Himmel steht,
bis es am Abend untergeht.
Wir warten auf den Arzt
in unserer Not.
Wir leben wartend
–schließlich auf den Tod.

Wandel

Wenn wegfällt, was du
nicht unbedingt brauchst,
wirst du mit wenigem zufrieden´.
Du lernst mit dem zu leben,
was du hast.

Zeit-Probleme

Es ist kein Problem,
eine ausgefüllte Zeit aufzufüllen
mit Aufgaben und Vorhaben,
die uns am Herzen liegen.

Viel schwerer ist es,
eine Zeit,
in der wir zum Nichtstun
gezwungen sind,
sinnvoll zu verbringen
und als Pause
inhaltsvoll zu gestalten.

Letzte Sonnentage

Der späte Sommer
genießt die letzten Tage.
lässt mildes Licht
in unsere Lande fließen.
Wir nehmen dieses an
und –ohne Frage
–verstehen dies
als Gunst des Augenblicks
zu genießen.

Wir baden uns
in Licht und Wärme,
die wir möglichst lang
in uns bewahren,
eh' wir in dunkle Zeiten
des ewigen Winters
ganz gelassen fahren.

Im Kernspint

Was nun an dein Ohr dringt,
gleicht Tönen und Rhythmen
einer Höllenmaschine :
in wechselnden, festen Rhythmen
unterschiedlicher Folgen.
Schlimmer kann es dort nicht zugehen,
wo es kein Entrinnen
zu geben scheint.
Minuten dehnen sich
– schwer auszuhalten –
zur Unendlichkeit.

Mancher muss erst
durch die Hölle gehen,
bis er wieder
zu einem normalen Leben
zurückfindet.

Häuser mit Stil

Alte Häuser waren zu ihrer Zeit
wohl durchdacht
mit Erkern und überdachten Terrassen.
Bis heute erfüllen solche Details
ihren Zweck und nötigen
ihren Besitzern Achtung ab
– auch deren Erbauern.
Sie faszinieren auch heute noch
und inspirieren
zum Entfalten unseres Lebensstils.

Leichter Oktoberwind

Ein leichter Wind
durchfährt die Bäume
und kräuselt sie.
In stille Räume
dringt er gern ein – doch er weilt nie.
Er wirbelt rastlos,
bis er ruht.
Ist schon gut,
denkt sich im Stillen
manches Blatt – des Wehens, Tanzens
reichlich satt.
Sie stehen, hängen
wieder still.
Der Wind soll weiterziehen,
wenn er will.

Gratwanderung

Es bedeutet
eine Gratwanderung
auf dem schmalen Grat dessen,
wie du dich fühlst,
dessen, was du dir
zuzutrauen glaubst,
und dem, was dir
der Arzt zuzugestehen glaubt.
Es kommt zu einem Ringen
um das, was du denkst,
dir zutrauen zu können,
und dem, was du meinst,
deiner Gesundheit schuldig zu sein.
Letztere avanciert
zur Richterin
über dein Leben.

Selbstmordgedanken

So manchmal möcht' man allen Sachen
ein kurzes, rasches Ende machen.
Doch – welcher Wahn uns auch getrieben,
unser Denken an die Lieben
fragt sich: Wird sich dies auch lohnen ?
– um sie schließlich zu verschonen
So leben wir gelassen, heiter
– jedoch gebremst – das Leben weiter.
Vielleicht wird erst am Ende klar,
dass solch ein Wahn nicht nötig war.

Alter Baum im Park

Du stehst verwurzelt, jahraus, jahrein
und willst –selbstlos – nicht anderes sein.
Du hegst die Nadeln als dein Kleid.
Als Laubbaum wirfst du – ist's so weit –
die Blätter ab und bleibst dir treu.
Im Frühjahr blühst du immer neu.
Du tust den Dienst – ein Leben lang –
und wartest nicht auf Dankgesang,
was nur ein waches Auge schätzt,
dem du einst fehlst, wirst du ersetzt.

Konsumgewohnheiten

Was wir dauernd konsumieren,
wird schnell seinen Reiz verlieren.
Nur Bewusstes was wir wählen,
wird für uns im Leben zählen.
Woraus Glücksmomente fließen
– diese werden wir genießen,
sie zu schätzen und zu wahren
als Erinnerung nach Jahren.

Innere Basis

Gänzlich ruhig und gelassen
vermag nur der zu sein,
der allen Ansprüchen
zu genügen scheint.
Innerlich unruhig
ist oft nur der, der meint,
einem Ziel nicht zu genügen
und es noch erfüllen zu sollen,
der glaubt, einer Aufgabe
nicht gerecht zu werden
und strampeln zu müssen,
um diese zu erfüllen.
Wenn wir doch
keine Möglichkeit mehr sehen,
dem gerecht zu werden,
werden wir äußerlich
und innerlich ruhig und gelassen.
Insofern hat innere Gelassenheit
und Ruhe auch immer etwas
mit Selbstsicherheit zu tun.

Sorge und Selbstwehr

Nach einem Zusammenbruch
wächst die Sorge,
dass dies wieder geschehen kann.
In gleichem Maße
wächst die Selbstwehr des Genesenen,
dass er nicht allzu umsorgt
und zum hilflosen Objekt
abgestempelt wird.
Bei aller Sorge
ist das Vertrauen nötig – von   b e i d e n   Seiten –
dass im Bemühen,
alles Notwendige zu beachten,
alles ein gutes Ende nehmen kann.

Unstranguliert

Es wird im Leben sicherlich
manche Verhaltensweise
erforderlich sein,
um die Gesundheit
und das Leben überhaupt
nicht zu gefährden.
Doch das Leben
und die Freude daran
darf nicht so sehr
stranguliert werden,
dass das Leben selber
keinen Spaß mehr macht.
Sonst wächst die Bereitschaft,
auf das Leben selber
zu verzichten.